Für den Sonntag stand etwas ganz besonderes auf dem Programm. Nachdem es Freitag tief hinab ging, wollten wir dieses Mal hoch hinaus. Und zwar auf den Gipfel des Snæfellsjökull, welcher sich in 1446m Höhe über Snæfellsnes erhebt und damit der höchste Berg der Halbinsel ist. Das Wetter war herrlich (so schön war es vermutlich das erste und letzte Mal), so dass wir unser Ziel schon nach dem Aufstehen von der Hütte aus sehen konnten.
Wir hatten besonderes Glück mit dieser Tour, denn auf unsere Email Anfrage hat man geantwortet, dass zwar noch keine Saison sei und es keine Gruppe gibt, man uns aber eine private Tour als „Special Promotional Offer“ anbieten könnte. Der Preis dafür lag nur ein kleines bisschen höher als für die Tour in einer Gruppe und war für den Aufwand, den man für uns betrieben hat einfach phänomenal. Wir haben für die ganze Aktion, die insgesamt 8 Stunden gedauert hat umgerechnet etwa 250€ bezahlt – für uns beide zusammen. Daher an dieser Stelle noch einmal vielen Dank an Thor & Aegir von http://www.glaciers.is!
Unser Treffpunkt war die Einmüdung zu der Straße, über die wir uns am Donnerstag schon zum Wasserfall Klukkufoss aufgemacht haben. Dieses mal war sie nach den Schneefällen der letzten Tage aber wirklich komplett unbefahrbar für uns (und nach einem kurzen Stück auch unsichtbar). Daher haben Thor, mit dem wir am Freitag schon in der Höhle waren und Aegir Thor, unser Guide und sein Sohn uns mit ihrem Monster von Auto abgeholt. Etwas mulmig wurde uns schon, als Thor uns gefragt hat ob wir Bergsteiger wären und ob wir keine ordentlichen Wanderschuhe dabei hätten (bisher waren wir der Meinung, unsere müssten gut geeignet sein)… „We will see“ war sein Kommentar.
Mit dem riesigen Pick Up Truck der beiden ging es dann ein Stück weit die Straße hoch und von dort wurden wir mit zwei Schneemobilen auf etwa 800m Höhe gebracht, von wo unsere Wanderung beginnen sollte. Schon die Tour mit den Schneemobilen durch die unglaublich schöne Landschaft mit einer völlig unberührten Schneedecke war ein Erlebnis für sich.
Auf 800m angekommen, bekamen wir dann unsere Helme, Gurte, eine Eisaxt und Anweisungen, wie alles zu benutzen ist. Außerdem zwei Paar Steigeisen, die wir für den Fall, dass wir sie brauchen im Rucksack verstaut haben. Nachdem wir angeleint waren, machte Thor sich auf zur Höhle und wir machen uns mit Aegir auf in Richtung Gipfel. Vor uns lagen ca. 600 Höhenmeter, zu bewältigen in einer etwa 3km langen Wanderung durch teils kniehohen Schnee. Der größte Teil der Wanderung verlief erstaunlich gut und es geht ganz gut voran, wenn man bedenkt, dass wir totale Anfänger in Hinsicht auf solche Unternehmungen sind. Nach ein paar Metern wurde einem durch die Anstrengung auch gut warm und es kam wieder Leben in die Zehen. Auch über unsere Schuhe konnten wir uns nicht beklagen 🙂
Wie schön es in dieser Umgebung ist, können Fotos leider nicht zum Ausdruck bringen, da können einem gelegentlich schon mal die Tränen kommen, wenn man innehält und sich umschaut. Vom Wind natürlich *hust*.
Streckenweise durfte Thomas an erster Position laufen und konnte dabei am eigenen Leib erfahren, dass das noch einmal wesentlich mehr Kraft kostet, als in den Spuren eines anderen zu laufen. Zwischendurch hat Aegir uns immer wieder Stellen gezeigt, unter denen sich gefährliche Gletscherspalten befinden. Diese sind für den Laien so gut wie unsichtbar, da sie von einer oft meterhohen Schneedecke bedeckt sind. Durch die fällt man dann einfach hindurch in eine 100m tiefe Spalte, wenn man nicht aufpasst. Aegir konnte diese Spalten sogar höhren, wenn er darauf getreten ist – ob ich das auch vermocht hätte, wenn er mich nicht darauf hingewiesen hätte kann ich nicht sagen. Vermutlich nicht. Es ist also alles andere als ratsam, in diesem Gelände ohne kundigen Führer unterwegs zu sein.
Hin und wieder sah man den Gipfel näher kommen und dann dachte man, man hätte es bald geschafft – doch weit gefehlt! Da wir solche Touren nicht gewohtn sind, kamen wir ab 1200m zusehend am Ende unserer Kräfte an und kurz vor dem Gipfel wurde es natürlich immer steiler. Ab etwa 1300m wurde jeder weitere Schritt zum Kampf gegen sich selbst und ungefähr alle 5 – 10 Schritte mussten wir kurz stoppen und verschnaufen. Die Beine fühlten sich an, als wäre der Muskelkater schon einen Tag zu früh da. Und das obwohl es hier die Spur eines Schneemobils gab, in der das Laufen ein kleines bisschen einfacher war. Trotzdem haben wir uns tapfer weiter nach oben gekämpft. Nach etwa 3 1/2 Stunden Fußmarsch hatten wir dann den Gipfel erreicht. Wobei…nicht ganz. Der wirkliche Gipfel lag noch ein Stück weiter oben. Dennoch war es erst einmal an der Zeit, stolz zu sein, die Aussicht zu genießen und ein paar Fotos zu schießen sowie sich ein Sandwich und Schokolade zu gönnen.
Als wir oben ankamen, konnte ich mir erst einmal nicht vorstellen, das letzte Stück zum Gipfel herauf zu klettern. Es war extrem steil und schon der Weg bis hierhin war gegen Ende eine enorme Anstrengung. Doch als Aegir nach einer Pause fragt, ob wir noch ganz nach oben wollen, packt mich der Ehrgeiz. Larissa möchte es nicht mehr wagen und wartet unten auf uns, wo sie bei -7,5° im Kreis läuft, damit ihr die Füße nicht einfrieren. Außerdem hat sie die Gesellschaft ganz vieler Isländer, die nach uns oben angekommen sind.
Aegir ist immer vor geklettert, bis das Seil zu Ende war und hat mich dann gesichert während ich ihm gefolgt bin. Das Stück zum Gipfel ist steiler, als es aussieht und wenn man dort hochklettert kommen beide Eisäxte und die Steigeisen zum Einsatz. Als wir oben angekommen sind, erkundet Aegir den Weg um mich auch noch auf die oberste Spitze zu bringen und mir wurde etwas mulmig als ich feststellte, dass ich da auch noch hochklettern sollte. Der Wunsch es jetzt auch bis ganz oben zu schaffen überwog dann aber doch. Letzten Endes blieb mir diese Probe aber erspart, denn Aegir kam nach einer Weile zurück und erklärte, dass es keinen sicheren Weg nach oben gäbe, da noch zu viel lockerer Schnee auf der Spitze liegt und die Gefahr bestünde damit zusammen abzustürzen. Meine Enttäuschung hielt sich in Grenzen 😉
Nachdem wir wieder heruntergeklettert waren, konnte der Abstieg beginnen. Der war natürlich wesentlich weniger kraftraubend und da wir eine etwas andere Route wählten, hatten wir noch einige wunderbare Aussichten zu bestaunen. Kurz nachdem wir den Abstieg begonnen hatten, legten sich Wolken um den Gipfel und die hinduch scheinende Sonne bot ein bizzares Bild.
Es hat mir übrigens das Herz zerrissen, jetzt keine Skier oder Snowboards für den Weg nach unten zu haben – wenn es ein nächstes Mal gibt wird das auf jeden Fall anders sein! Der Schnee hatte jedenfalls eine Konsistenz, von der man nur träumen kann.
Noch eine Lektion, die ich eigentlich schon kennen sollte: Sonne + Schnee = Visage rot.